Profane Gründe (2): Die Immobilien

Königspalast in Phnom Penh, Foto: Eva SchusterLange hatten Maria J. und Niko S. mit ihren beiden Kindern nach einer neuen, erschwinglichen Bleibe gesucht. Und endlich ihr Traumhaus gefunden: erschwinglich, renovierungsbedürftig, mit eigenem Garten. Doch dann lud der örtliche Pfarrer das Paar zu einem intensiven Gespräch ein. Nur nach einer intensiven Befragung über ihre religiöse Einstellung durften die beiden das Haus kaufen – denn das Haus steht auf einem Kirchengrundstück, das die katholische Kirche an die Eltern der Verkäuferin vor knapp 60 Jahren verpachtet hat.

Das Paar schüttelt sich noch immer, wenn sie an das Gespräch zurück denken. Maria J. war immer noch in der katholischen Kirche – mehr aus Nachlässigkeit, denn aus Überzeugung. Vor der Austrittsstelle im Amtsgericht war die Wartezeit ihr einmal zu lang gewesen, wegen eines Termins konnte sie an dem Tag nicht so lange ausharren. Was für ein Glück – wäre kein Familienmitglied katholisch gewesen, hätte sie der Pfarrer wohl erst gar nicht zu einem Gespräch bestellt.

Besonders wichtig war dem Geistlichen die Frage, ob die Kinder denn der Kirche zugeführt wurden. Naja, auf eigenen Wunsch waren beide Kinder getauft worden. Uff, vielleicht genügte dem Pfarrer nun die Antwort, und der Weg zum Traumhaus war frei.

Nein, er wollte auch noch wissen, warum denn der Sohn evangelisch getauft war. Hm … Nun musste eine klitzekleine halbe Notlüge her. Ja, wissen Sie, der Vater, Niko S., ist evangelischer Pfarrerssohn (das ist er wirklich), und da konnte er doch nicht in eine katholische Taufe einwilligen. Das sah der Priester ein. Dass der Pfarrerssohn seit Jahrzehnten aus der evangelischen Kirche ausgetreten war, das musste man dem Katholiken ja nun nicht auf die Nase binden.

Endlich machte der Pfarrer also den Weg frei und gab eine „Einwilligung ohne Vollmacht“ zum Kauf der Hauses auf dem Kirchengrundstück und schickte die Unterlagen zur Bistumsverwaltung. Das Paar musste aber noch über drei Monate bangen und mehrmals beim Generalvikariat anrufen bis endlich eine „Einwilligung mit Vollmacht“ beim Notar einging. Da hatten sie der Verkäuferin des Hauses den gesamten Kaufpreis aber schon überweisen müssen. Wegen der lahmen Kirchenbürokratie wäre der ganze Finanzierungsplan gekippt, hätten die beiden nicht auf die mündliche Zusage der Katholikenverwaltung vertraut.

Nun sind Maria und Niko (nicht sehr) glückliche Erb-Pächter eines Grundstückes der katholischen Kirche.

Was lernen wir daraus?

1. Wir sind von Kirchengrundstücken umgeben, über die immer noch der Klerus das Sagen hat. Niemand weiß, wie umzingelt wir davon sind.

2. Die Macht, die das Eigentum verleiht, nutzt die Kirche schamlos aus.

3. Mit Realismus und Wahrhaftigkeit kommen ehrliche Menschen bei der Kirche nicht weit. Bigotterie und Doppelzüngigkeit sind besser.

In loser Folge stellt Kirchenhasser.de höchst profane Gründe vor, warum die christlichen Kirchen immer noch knapp zwei Drittel der Bevölkerung zu ihren Mitgliedern zählen.

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