Schlagwort-Archiv: Bigotterie

Auch an der Basis: Kirchenvermögen bleibt

Kirchturm, Photo: Heriberto Herrera

Heriberto Herrera

Das tun die Kirchen als Letztes: ihr Vermögen mindern und es für sinnvolle Zwecke verwenden. Und das betrifft nicht nur die katholischen Bistümer, deren Vermögen eingestandernermaßen nicht einmal die Bischöfe und Generalvikare kennen. Ist die innerkatholische Empörung über den Limburger Bischof auch deswegen so groß, weil er seinen Sitz mit eigenem Geld bauen ließ statt mit staatlichem Geld? Warum hält Tebartz-van Elst es nicht wie der Münchner Bischof Reinhard Marx? Weiterlesen

Katholisches Arbeitsrecht verstößt gegen Menschenrechte

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat heute eine Selbstverständlichkeit gerichtlich festgestellt, die in Deutschland leider juristisch nicht selbstverständlich ist. Die Einmischung der katholischen Kirche in das Privatleben ihrer Beschäftigten geht zu weit und verletzt die Menschenrechte. Der Essener Organist Bernhard Schüth wurde 1998 zu Unrecht von der St. Lambertus Kirchengemeinde Essen entlassen. Entlassungsgrund für die Katholiken war, dass Schüth nach einer gescheiterten Ehe mit seiner neuen Partnerin ein Kind gezeugt hatte.  Erst nach einer seit 1998 dauernden Odyssee durch alle deutschen Gerichtsinstanzen bis hin zum Bundesverfassungsgericht hat  Schüth vor dem EGMR endlich gewonnen. In seinem Urteil wertete das Europäische Gericht die Entlassung als unzulässige Einmischung in das Privat- und Familienleben Schüths, die gegen Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskommission verstößt. Es rügte die deutschen obersten Arbeitsgerichte, die gebetsmühlenhaft die Argumentation der Kirche übernommen hatten, dass ein geschiedener und neu gebundener Organist – der nach dem Kirchenrecht Ehebruch und Bigamie begangen hat – den Verkündigungsauftrag der Kirche unglaubwürdig machen würde.

Das Straßburger Gericht nahm hingegen nicht das kirchliche Recht, sondern das aus dem „Naturrecht“ hergeleitete Menschenrecht zum Maßstab (das „Naturrecht“ übrigens, das  auch immer wieder von Papst Benedikt ins Feld geführt wird) und verpasste dem deutschen Staat eine Ohrfeige, der den Kirchen über jedes vernünftige Maß hinaus Sonderrechte einräumt.

Die Bedeutung des Gerichtsurteils ist enorm. Denn wenn schon ein Organist sich nicht so stark nach den Loyalitätsregeln der Kirche richten muss, so dürfte dies besonders für Beschäftigte in den Krankenhäusern, Kindergärten und Altenheimen gelten. Der Professor Wolfgang Rüfner, Direktor des Instituts für Staatskirchenrecht der deutschen Diözesen sagte dem Kölner Domradio, das Urteil sei „wahrscheinlich … ein erheblicher Einschnitt für die katholische Kirche“. Schüth habe erheblich gegen die Loyalitätsrichtlinie der Kirche verstoßen, die sie für ihre Arbeitsverhältnisse aufgestellt hat.

Die Schilderung des Falls offenbart nebenbei den alltäglichen Druck, der auf kirchlich Beschäftigten lastet – und die unerträgliche Geheimnistuerei, denen sie in ihrem Privatleben ausgesetzt sind. Denn es waren Schüths Kinder aus erster Ehe, die ungewollt die Kündigung in Gang setzten. Sie plauderten im Kindergarten aus, dass ein neues Geschwisterchen zu erwarten war, aus der Beziehung des Organisten und seiner neuen Partnerin.

Es lohnt sich, die harsche Verurteilung der deutschen Rechtspraxis aus der Urteilszusammenfassung zu zitieren

„… Im Gegensatz dazu merkte der Gerichtshof im Fall Schüth an, dass sich das Landesarbeitsgericht darauf beschränkt hatte festzustellen, dass er als Organist und Chorleiter zwar nicht in die Gruppe derjenigen Mitarbeiter fiel, deren Kündigung im Falle schweren Fehlverhaltens zwangsläufig war, etwa derjenigen in seelsorgerischen und klerikalen Berufen sowie in leitenden Positionen, aber dass seine Tätigkeit dennoch so eng mit der Mission der Katholischen Kirche verbunden war, dass sie ihn nicht weiter beschäftigen konnte, ohne jegliche Glaubwürdigkeit zu verlieren. Das Landesarbeitsgericht hatte dieses Argument nicht weiter ausgeführt, sondern schien lediglich die Meinung des kirchlichen Arbeitgebers in dieser Frage wiedergegeben zu haben.

Zudem hatten die Arbeitsgerichte das de facto-Familienleben Herrn Schüths oder dessen Schutz nicht einmal erwähnt. Die Interessen des kirchlichen Arbeitgebers waren folglich nicht gegen Herrn Schüths Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens abgewogen worden, sondern lediglich gegen sein Interesse, seinen Arbeitsplatz zu behalten. Eine gründlichere Prüfung wäre bei der Abwägung der konkurrierenden Rechte und Interessen angemessen gewesen.

Zwar erkannte der Gerichtshof an, dass Herr Schüth, indem er seinen Arbeitsvertrag unterzeichnet hatte, gegenüber der Katholischen Kirche eine Loyalitätsverpflichtung eingegangen war, die sein Recht auf Achtung des Privatlebens in gewissem Maße einschränkte. Seine Unterzeichnung des Vertrages konnte aber nicht als eindeutiges Versprechen verstanden werden, im Fall einer Trennung oder Scheidung ein enthaltsames Leben zu führen. Die deutschen Arbeitsgerichte hatten kaum berücksichtigt, dass es keine Medienberichterstattung über seinen Fall gegeben hatte und dass er, nach 14 Jahren im Dienst der Gemeinde, die Position der Katholischen Kirche offenbar nicht angefochten hatte.

Die Tatsache, dass ein von einem kirchlichen Arbeitgeber gekündigter Mitarbeiter nur begrenzte Möglichkeiten hatte, eine neue Stelle zu finden, war nach Auffassung des Gerichtshofs von besonderer Bedeutung. Dies galt besonders, wenn der gekündigte Arbeitnehmer eine spezifische Qualifikation hatte, die es ihm schwierig oder gar unmöglich machte, eine neue Arbeit außerhalb der Kirche zu finden, wie im Fall von Herrn Schüth, der nunmehr einer Teilzeitbeschäftigung in einer evangelischen Gemeinde nachging. In diesem Zusammenhang merkte der Gerichtshof an, dass die Vorschriften der Evangelischen Kirche für die Beschäftigung von Nichtmitgliedern der Kirche vorsahen, dass diese nur in Ausnahmefällen und nur im Rahmen einer Zusatzbeschäftigung angestellt werden konnten.

Der Gerichtshof befand, dass die Abwägung der deutschen Arbeitsgerichte zwischen den Rechten Herrn Schüths und denen des kirchlichen Arbeitgebers nicht in Übereinstimmung mit der Konvention vorgenommen worden war.“

Schüth fordert über 350.000 Euro Schadensersatz für den Verlust seines Arbeitsplatzes. Darüber will das Gericht in einigen Monaten entscheiden.

Ihr Mitglied Bernhard Schüth hat die katholische Kirche schon längst verloren. Er arbeitet als Kantor bei der evangelischen Kirchengemeinde in Essen-Überruhr.

Am selben Tag hat der EGMR einen weiteren Fall entschieden, diesmal zugunsten der Mormonenkirche und gegen einen anderen Gekündigten. Die Entlassung des „Direktors  Öffentlichkeitsarbeit für Europa“ der Mormonenkirche wegen einer außerehelichen Beziehung im Jahr 1994 war rechtens, weil der Betroffene, Michael Obst, in einer heraus gehobenen Position arbeitet. Die Einzelheiten dieses Falles offenbaren ebenfalls die Perfidie so mancher brüderlichen „Seelsorge“, die in Mobbing und Druckausübung münden kann. Obst hatte sich an seinen  zuständigen „Seelsorger“ gewandt und ihn um Rat gefragt, weil es mit seiner Ehe „bergab ging“ und er ein neues Verhältnis angefangen hatte. Dieser „Seelsorger“ riet ihm, seinen Vorgesetzten zu informieren – und der sprach sogleich die Kündigung aus.

Der Original-Urteilstext in französischer Sprache

Profane Gründe (2): Die Immobilien

Königspalast in Phnom Penh, Foto: Eva SchusterLange hatten Maria J. und Niko S. mit ihren beiden Kindern nach einer neuen, erschwinglichen Bleibe gesucht. Und endlich ihr Traumhaus gefunden: erschwinglich, renovierungsbedürftig, mit eigenem Garten. Doch dann lud der örtliche Pfarrer das Paar zu einem intensiven Gespräch ein. Nur nach einer intensiven Befragung über ihre religiöse Einstellung durften die beiden das Haus kaufen – denn das Haus steht auf einem Kirchengrundstück, das die katholische Kirche an die Eltern der Verkäuferin vor knapp 60 Jahren verpachtet hat.

Das Paar schüttelt sich noch immer, wenn sie an das Gespräch zurück denken. Maria J. war immer noch in der katholischen Kirche – mehr aus Nachlässigkeit, denn aus Überzeugung. Vor der Austrittsstelle im Amtsgericht war die Wartezeit ihr einmal zu lang gewesen, wegen eines Termins konnte sie an dem Tag nicht so lange ausharren. Was für ein Glück – wäre kein Familienmitglied katholisch gewesen, hätte sie der Pfarrer wohl erst gar nicht zu einem Gespräch bestellt.

Besonders wichtig war dem Geistlichen die Frage, ob die Kinder denn der Kirche zugeführt wurden. Naja, auf eigenen Wunsch waren beide Kinder getauft worden. Uff, vielleicht genügte dem Pfarrer nun die Antwort, und der Weg zum Traumhaus war frei.

Nein, er wollte auch noch wissen, warum denn der Sohn evangelisch getauft war. Hm … Nun musste eine klitzekleine halbe Notlüge her. Ja, wissen Sie, der Vater, Niko S., ist evangelischer Pfarrerssohn (das ist er wirklich), und da konnte er doch nicht in eine katholische Taufe einwilligen. Das sah der Priester ein. Dass der Pfarrerssohn seit Jahrzehnten aus der evangelischen Kirche ausgetreten war, das musste man dem Katholiken ja nun nicht auf die Nase binden.

Endlich machte der Pfarrer also den Weg frei und gab eine „Einwilligung ohne Vollmacht“ zum Kauf der Hauses auf dem Kirchengrundstück und schickte die Unterlagen zur Bistumsverwaltung. Das Paar musste aber noch über drei Monate bangen und mehrmals beim Generalvikariat anrufen bis endlich eine „Einwilligung mit Vollmacht“ beim Notar einging. Da hatten sie der Verkäuferin des Hauses den gesamten Kaufpreis aber schon überweisen müssen. Wegen der lahmen Kirchenbürokratie wäre der ganze Finanzierungsplan gekippt, hätten die beiden nicht auf die mündliche Zusage der Katholikenverwaltung vertraut.

Nun sind Maria und Niko (nicht sehr) glückliche Erb-Pächter eines Grundstückes der katholischen Kirche.

Was lernen wir daraus?

1. Wir sind von Kirchengrundstücken umgeben, über die immer noch der Klerus das Sagen hat. Niemand weiß, wie umzingelt wir davon sind.

2. Die Macht, die das Eigentum verleiht, nutzt die Kirche schamlos aus.

3. Mit Realismus und Wahrhaftigkeit kommen ehrliche Menschen bei der Kirche nicht weit. Bigotterie und Doppelzüngigkeit sind besser.

In loser Folge stellt Kirchenhasser.de höchst profane Gründe vor, warum die christlichen Kirchen immer noch knapp zwei Drittel der Bevölkerung zu ihren Mitgliedern zählen.

Rücktritt aus Hochmut (2): Maria Jepsen

Maria Jepsen, Foto: Pittkowski / Nordelbische KircheEs ist fast drei Wochen her, aber die Rücktrittsbegründung der Hamburger Bischöfin Maria Jepsen geht mir nicht aus dem Kopf: „“Meine Glaubwürdigkeit wird angezweifelt. Von daher sehe ich mich nicht in der Lage, die frohe Botschaft so weiterzusagen, wie ich es bei meiner Ordination und bei meiner Bischofseinführung vor Gott und der Gemeinde versprochen habe.“ Lassen wir mal dahin gestellt, ob sie wirklich vor elf Jahren Missbrauchsfälle in ihrer eigenen Kirche nicht nachdrücklich genug verfolgt hat. Da steht Aussage (allerdings eine eidesstattliche Erklärung) gegen Aussage. Es wäre auch in der evangelischen Kirche nicht das erste  und einzige Mal, dass zugunsten der weißen Weste der Organisation ein Skandal unter den Tepich gekehrt wird. Und glaubwürdig möchten wir alle sein, wenn wir sprechen. Aber warum ist der reine Zweifel an der Glaubwürdigkeit einer Bischöfin schon so ein Makel, dass sie sich zum Rücktritt entschließt? Und warum sagt sie nicht: Kann sein, dass ich versagt habe – und damit kann ich in diesem Amt nicht weiter arbeiten?

Die Antwort: Es geht um den Hochmut einer Kirche, die selbst Makellosigkeit und Reinheit nicht nur anstrebt, sondern von sich selbst behauptet. Diese Institution predigt zwar anderen: „Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein“.  Das aber ist ein Lippenbekenntnis. Sich selbst sehen diese pharisäischen Führungspersönlichkeiten anders. Ich bin (und sei es Dank der Gnade etc. pp.) mehr oder weniger ohne Sünde, oder wenigstens: auf dem Pfad der Rechtfertigung durch den Glauben beschäftige mich ständig mit meiner Schuld, sagen sie sich. Und weil das so ist, erlauben sie sich selbst, „Steine zu werfen“. Zu mahnen, zu predigen – und dabei mit Selbstzweifeln allenfalls zu kokettieren. Solche Pharisäer können mit dem Makel des Versagensverdachtes nicht weiter arbeiten. Deshalb hat Maria Jepsens Rücktritt etwas außerordentlich Hochmütiges an sich.

Noch im Abtreten wirft sie den nächsten Stein. Sie flicht in ein Psalmzitat eine Anklage ein. „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg“ – an diesem Psalmvers, meinem Konfirmationsspruch, orientiere ich mich, trotz der Äußerungen in den Medien, die mir Schlimmes unterstellen.“ Soso, die Medien sind es wieder einmal. Köhler, Mixa, Käßmann, Jepsen – immer sind die Medien verantwortlich, und nicht das mögliche Fehlverhalten, über das sie berichten. Es ist verwunderlich: Zur Mimose wird hier eine Frau, die tough genug war, sich als erste lutherische Bischöfin der Welt durchzusetzen – und das in Hamburg, wo es bis 1979 gedauert hat, dass die weiblichen Pastorinnen wirklich gleichberechtigt arbeiten durften (s. Kirchenhasser-Brevier, Seite 248).

Da möchte man meinen,  die Vorwürfe sind berechtigt,und die tönerne Rücktrittsbegründung bloß vorgeschoben.

Profane Gründe, in einer Kirche zu sein. 1.: Der Umzug

Immer noch sind knapp zwei Drittel der Deutschen Mitglieder der katholischen oder evangelischen Kirchen. Die vielen Mitglieder  werten die Kirchen gerne als Zustimmung zu fast allem, wofür sie stehen. Doch es gibt viele Gründe, in die Kirche einzutreten oder in ihr zu bleiben. Gründe, die nichts mit der raison d’etre, den eigentlich zu vermutenden Motiven zu tun haben. In loser Folge werde ich hier solche Motive vorstellen. Heute: Der Umzug in eine andere Stadt. Der Fall ist authentisch, der Name der Betroffenen ist aber zu ihrem eigenen Schutz verändert.

Die Hebamme Klara J. war nach ihrer Ausbildung an einem städtischen Krankenhaus in der norddeutschen Provinz gelandet – und wollte doch liebend gerne wieder zurück in die süddeutsche Stadt, in der sie sich so wohl gefühlt hatte. Aber wie nur? Sie schrieb Initiativbewerbungen an alle Krankenhäuser der Stadt mit einer Geburtsabteilung. Zu dumm nur: Mehr als die Hälfte dieser Kliniken ist in der Hand kirchlicher Träger – und Klara war schon mit 18 aus der evangelischen Kirche ausgetreten: „Ich wollte keinen Verein unterstützen, hinter dessen Zielen ich nicht stehe.“  Die eigene Existenz aber geht vor unbedingter Wahrhaftigkeit.  Klara beschloss, parallell zu ihrem Bewerbungsverfahren wieder in die Kirche  einzutreten. Das war gar nicht so einfach wie der Austritt. Eine Unterschrift reichte nicht. Der örtliche Pfarrer bestellte sie zu einem ausführlichen Gespräch zu sich – offiziell, um das neue Gemeindemitglied zu begrüßen. Aber Klara hatte den Eindruck, er wollte doch auch herausfinden, ob es sie vielleicht wegen eines Arbeitsplatzes in den Schoß der Kirche zurück zog. Klara J. mogelte ein bisschen und sagte, ihre Auffassung zur Kirchenmitgliedschaft habe sich seit dem Austritt geändert. Dann musste noch der Kirchenvorstand über ihr Eintrittsbegehren beschließen, und in einem Gottesdienst musste sie das Glaubensbekenntnis deklamieren, um endlich wieder vollwertiges Kirchenmitglied zu sein.

Noch vor dem Aufnahmegottesdienst wurde Klara J. zu einem Einstellungsgespräch bei einem evangelischen Krankenhaus in ihrer Wunschstadt gebeten. Das Gespräch verlief schlecht. Die Pflegeleiterin fragte Klara, ob sie Kirchenmitglied sei. „Nein, aber ich trete jetzt wieder ein“, antwortete die Bewerberin wahrheitsgemäß. Das kam gar nicht gut an bei ihrem Gegenüber. Kurz darauf kam die Absage.

Besser war das Bewerbungsgespräch bei einem katholischen Krankenhaus. Am Ende kam auch hier die K-Frage. Klara beantwortet sie mit „Ja“ – zu dem Zeitpunkt noch nicht ganz ehrlich. Sie bekam den Job. Endlich konnte sie wieder in der Stadt ihrer Wahl arbeiten. Kurz darauf wurde Lohnsteuerkarte korrigiert, auf „Kirchenmitgliedschaft – evg.“.

Von einer besonders christlichen Art, Müttern beim Kindergebären zu helfen, hat die Hebamme in den Jahren darauf nichts bemerkt. Aber eines geht ihr doch sehr aufs Gemüt: Dass sie und ihre neue Partnerin, die als Krankenschwester in der selben Klinik arbeitet, ihre Paarbeziehung vor dem Arbeitgeber verbergen müssen. Genauer: Es geht um Bigotterie; es darf nicht an die große Glocke gehangen werden. „Alle kennen das Gerücht, aber es wird nie darüber gesprochen, dass wir zusammen sind“, sagt Klara J. Eine eingetragene Partnerschaft als lesbisches Paar einzugehen, dieser Weg ist ihnen versperrt. Wenn die beiden von diesem Recht gebrauchen machen würden, gefährdeten sie ihre Arbeitsplätze. Ihr Fazit: „Hier im Krankenhaus darf man nicht man selbst sein.“

Zu dumm für die Klinik. Eine Identifikation der Arbeitnehmerin mit dem Arbeitgeber sieht anders aus.

Staatliche Bekenntnisschulen – eine alte Misere

Wie alt die Misere mit den meist katholischen Bekenntnisgrundschulen in NRW ist, zeigt ein Artikel des Spiegel aus dem Jahre 1981, den ich jetzt im Web gefunden habe. Fast alle Probleme existierten auch damals schon. Der einzige Unterschied zu heute: Damals wurde das Problem von der Politik gesehen und nicht geleugnet. Doch angepackt wurde es wegen der Macht der Kirche auch vom damals in NRW regierenden Johannes Rau nicht.

Zitate aus dem Spiegel-Artikel vom 12.10.1981: „Katholische Bekenntnisschulen wimmeln moslemische Gastarbeiter-Kinder ab, und die Protestanten haben auch etwas davon: Sie weichen, wie die Evangelische Synode des Rheinlands konstatiert, zunehmend auf katholische Bekenntnisschulen aus, die, so Reinhard Meis, Ministerialer im Girgensohn-Haus, „zu Fluchtburgen vor Türken werden“.

Damals wie heute sind die Bekenntnisschulen in Staatshand und zu 100 Prozent vom Staat finanziert. Und damals wie heute sind die Motive der Eltern für die Schulwahl in der Regel nicht konfessionell. Zitat von 1981:

„Das wichtigste Motiv jedoch fand die katholische Elternschaft Deutschlands heraus. Danach fragen Eltern zuerst: „Wo ist die nächstgelegene Schule, das schönste Gebäude, und wo gibt es die wenigsten Ausländerkinder?““

Aber die Offenherzigkeit der Katholikenlobby hatte irgendwann ein Ende. Als ich zehn Jahre nach diesem KED-Zitat für die WDR-Fernsehdokumentation „Apartheid auf Deutsch“ über die Situation der staatlichen Konfessionsgrundschulen berichtete, beschwerte sich die Katholische Elternschaft beim WDR-Rundfunkrat.

Link: Spiegel Artikel von 1981

Auch damals schon hatte die Gemeinschaftsgrundschule „Am Domhof“ in Bonn-Mehlem Probleme, die ich schließlich

Schulklasse vor 100 Jahren - Schwarzweißfoto

Die wichtigsten Figuren im Dorf waren der Pfarrer und der Lehrer - der auch die Orgel spielen musste. Sechs Stunden Reliunterricht pro Woche waren Pflicht.